Aram Bartholl – Keepalive (2015)

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Von außen betrachtet wirkt „Keepalive“ von Aram Bartholl (*1972 in Bremen) wie ein ganz normaler Findling. Man sieht dem Stein, der unscheinbar am Rande der idyllischen Ortschaft Hartböhn in der Lüneburger Heide liegt, nicht an, dass sich in ihm hunderte von digitalen Büchern befinden. Erst wenn jemand darunter ein kleines Lagerfeuer entfacht, werden ein thermoelektrischer Generator und ein WLAN-Router im Inneren aktiviert und man erhält per Smartphone oder Laptop Zugriff auf eine elektronische Bibliothek mit Überlebensratgebern aller Art, zu der man eigene Daten und Texte hinzufügen kann.

Der Medienkünstler Aram Bartholl arbeitet mit Wegen der Wissens- und Informationsvermittlung, die den Entwicklungen des digitalen Zeitalters entgegenwirken und unseren Umgang mit Daten hinterfragen. In diesem und anderen seiner Projekte hebelt er Machtverhältnisse und Kontrollmechanismen bei der Nutzung von Internetdiensten zur Datenübertragung aus, häufig auch durch das Hinzufügen einer unkontrollierbaren Zufallskomponente.

Mit „Keepalive“ wird der Stein selber zum Datenträger. In einer sehr archaischen aber auch konspirativen Art und Weise können Informationen lediglich lokal ausgetauscht werden, denn im Gegensatz zu weltweit vernetzten Servern, Services und Clouds ist dieser Stein nicht mit dem Internet verbunden. Man muss in die Natur gehen um den Stein zu finden und ein Feuer machen, um die Datenquelle zu aktivieren. Dies kann jeder tun, der sich vorher im nahe gelegenen Kunstverein Springhornhof oder über andere Quellen den genauen Standort hat erklären lassen.

Beherzigt man die Ratschläge aus der Sammlung von Survival-Guides ist man gewappnet, – so zumindest lautet ihr großes Versprechen – für das einsame Überleben im Wirr-Warr der Welt der Computerprogramme ebenso wie in der Wildnis.“„Keepalive“ stellt die Frage, was „Überleben“ wirklich meint, und ergründet unsere Bedürfnisse. Die Arbeit stellt sich dem Zentralisierungszwang im Internet entgegen, wirft Fragen zur Demokratie der Wissensverwaltung auf und leitet eine Gegenbewegung der Autonomie ein.“ (Jennifer Bork)

Aram Bartholl (*1972 in Bremen) ist Mitglied der Künstlergruppe Free Art and Technology Lab – F.A.T. Lab und bewegt sich in netzpolitischen Kreisen wie z.B dem Chaos Computer Club. Neben zahlreichen Vorträgen, Workshops und Performances wurden seine Arbeiten international u. a. ausgestellt im MoMA Museum of Modern Art, NY, The Pace GalleryNY und Hayward Gallery London. Aram Bartholl lebt und arbeitet in Berlin.

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Das Projekt „Keepalive“ von Aram Bartholl entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „Art and Civic Media“ als Teil des Innovations-Inkubators Lüneburg, einem EU-Großprojekt, gefördert vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und vom Land Niedersachsen.