Antezzo/Kahlen/Kuppel/HAWOLI — TESTBILD – Ein Déjà Vu mit dem Neuenkirchener Symposion Foto-Film-Video 1975

20. November – 22. März 2011
TESTBILD – Ein Déjà Vu mit dem Neuenkirchener Symposion Foto-Film-Video 1975
Matthew Antezzo, 2010 / Wolf Kahlen, 1975 / Edmund Kuppel, 1975 / HAWOLI, 1975

Wer hätte geahnt, dass Kunstgeschichte gemacht wurde, als im Sommer 1975 eine Gruppe junger Künstler mit Foto-, Film- und Videokameras die Lüneburger Heide und ihre Bewohner ins Visier nahmen? Auf Einladung der im Heidedorf Neuenkirchen bei Soltau ansässigen Galerie Falazik – heute Kunstverein & Stiftung Springhornhof – gründete die französische „Groupe Art Sociologique“ eine provisorische Fernsehstation, fotografierte Erika Magdalinski die Gemälde in den guten Stuben der Dorfbewohner, sammelte Ingeborg Lüscher Kinderlieder, beschäftigten sich Anne und Patrick Poirier mit bäuerlicher Familiengeschichte und Fabrizio Plessi zersägte bildlich den Stichter See.

Obwohl sich die Künstler dokumentarischer Medien bedienten, ist der überwiegende Teil der Werke verschollen. So ist es ein Glücksfall, dass das Zentrum für Kunst- und Medientechnologie in Karlsruhe zwei der 1975 entstandenen Videoarbeiten aufwändig rekonstruiert hat. Die sechsteilige Installation S.C.H.A.F.E von Wolf Kahlen und eine fahrbare Apparatur mit Kamera und Rückspiegel, mit der Edmund Kuppel die filmische Illusion einer Erdumrundung erzeugte. Diese Schlüsselwerke deutscher Videokunst sind nun in neuer alter Frische 35 Jahre nach ihrer Entstehung wieder im Springhornhof zu sehen.

Ganz neu für diese Ausstellung sind raumgreifende Tableaus des Künstlers Matthew Antezzo (*1962, lebt in New York & Berlin) entstanden. Er hat sich mit den vorhandenen Archivmaterialien, wie Briefwechseln mit den Künstlern, Probeabzügen für den Katalog, Planungsunterlagen, Skizzen und Notizen aus dem Sommer 1975 beschäftigt. In seinen Gemälden und Zeichnungen setzt sich Antezzo bereits seit mehr als 15 Jahren mit medialen Ressourcen und Archiven auseinander und geht dabei sukzessiv der Frage nach; wie Kulturgeschichte durch Mittel der Repräsentation gemacht wird. Mit der Überlagerung von historischen Dokumenten, Re-Produktionen und eigenen Leinwandarbeiten fordert er aktuelle Fragen nach der Flüchtigkeit von Erinnerung, der Vergänglichkeit künstlerischer Experimente und der kulturellen Bedeutung technologischer Innovationen heraus.

Gefördert durch den Lüneburgischen Landschaftsverband und die Stiftung Niedersachsen