Gerda Hahn – Doppelportraits: Pressetext

Gerda Hahn
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von Doppelportraits aus dem Werk von Gerda Hahn, die in den vergangenen drei Jahren entstanden sind.
3. September bis 22. Oktober 2000
Gerda Hahn in Behningen, 3. Mai, 18. Juni, 28. Juli 2000Im Mai hat das Projekt von Gerda Hahn in Behningen begonnen. Alle 80 Einwohner des Dorfes sind einer nach dem anderen gemeinsam mit ihr fotografiert worden. Diese Fotos und Texte von Marlies Levels, Dorothee Richter und Tineke Rijnders erscheinen in einer Sonderausgabe des Stichter Telegramms, einer Neuenkirchener Lokalzeitung.
Die Zeitung kann während der Ausstellung auf dem Springhornhof von Besuchern gratis mitgenommen werden und wird an Menschen in aller Welt verschickt. Wenn Sie unter der Telefonnummer +49 (0) 5195 / 933 963 Namen und Adresse hinterlassen, bekommen Sie ein Freiexemplar zugesandt.
Gerda Hahn in Behningen, 3. Mai, 18. Juni, 28. Juli 2000

Texte zum downloaden

Die niederländische Künstlerin Gerda Hahn verschenkt ihre Fotos und verbreitet sie generös als Postkarte, auf Plakaten, im Fernsehen oder per Zeitungsannonce. In Ausstellungen präsentiert sie keinen fixierten Zustand ihres Werkes, sie funktioniert den Ausstellungsraum um als Kommunikationsort und Anlaufstelle für die Distribution ihrer massenhaft reproduzierten Arbeiten.
Die Einladung durch den Springhornhof ist Anlass für das erste Projekt von Gerda Hahn in Deutschland.
Seit Anfang 1997 lässt sich Gerda Hahn auf ausgedehnten Reisen durch Asien, Europa und Afrika in den Studios ortsansässiger Fotografen ablichten. Auf einigen Bildern posiert sie allein, auf anderen zusammen mit dem Fotografen und Menschen aus dem jeweiligen Land.
Es geht ihr dabei nicht um Portraits, es geht darum, einen Moment festzuhalten. Den Moment ihrer Anwesenheit in einer Stadt, in einem Fotostudio, von der Begegnung zweier Kulturen.
Ab 1998 hat sie angefangen, signierte Postkarten dieser Studioaufnahmen an Bekannte in aller Welt zu schicken. Die Mailingliste umfasst mittlerweile rund siebenhundert Adressen. Aus jeder neuen Fotoserie wird ein Exemplar an die Adressaten geschickt. Wer was wann bekommen und wie reagiert hat, wird genau notiert. Ein großer Teil von Gerda Hahns Arbeit besteht darin, diesen Austausch zu organisieren.
In letzter Zeit lässt sie, sich nicht nur von professionellen Fotografen ablichten. Mit der Kamera im Gepäck bittet sie zufällige Passanten, Ladenbesitzer oder die Gäste in einem Hotel darum, ein Foto von ihr zu machen. Hier wird besonders deutlich, wie Gerda Hahn einen ständigen Wechsel der Perspektive auf die Person Gerda Hahn initiiert und mittels der Kamera ein komplexes Geflecht an Beziehungen zwischen Personen entwickelt.
„Wir erfahren die Wirklichkeit durch die Bilder, die wir uns davon machen.“ schreibt sie. Man ist versucht eine Wendung hinzuzufügen: „…die Bilder, die man uns davon macht.“

Zum Abschluss ihrer Ausstellung im Kunstverein Springhornhof ist Gerda Hahn nochmals zu Gast in Neuenkirchen. Am 22. Oktober wird die Künstlerin von Begegnungen mit Menschen vor und hinter der Kamera in Holland, Indien und Afrika erzählen. Ein weiteres Thema ist das Projekt, dass sie im Sommer zusammen mit den Dorfbewohnern von Behningen entwickelt hat.
Zur Erinnerung: Im Mai und Juni hat die Niederländerin jeden einzelnen der achtzig Einwohner von Behningen gebeten, sich mit ihr fotografieren zu lassen. Die Fotos machte Monika Zimmermann, Mitarbeiterin des Kunstvereins. Alle Behninger sind nach und nach Gerda Hahns Aufforderung gefolgt und haben sich mit ihr vor die Kamera begeben. Die Summe der Bilder ergibt ein einzigartiges Portrait des gesamten Dorfes. Die Doppelportraits wurden in der
Ausstellung im Kunstverein gezeigt und als Zeitungsbeilage gratis an alle Haushalte in und um Neuenkirchen verteilt.
Das Projekt hat bei den Beteiligten und den Ausstellungsbesuchern großes Interesse geweckt, aber auch für Irritationen gesorgt. Für viele war schwer nachzuvollziehen, dass es Gerda Hahn so wenig auf die fotografische Qualität undSchönheit der gezeigten Bilder ankommt. Eine andere häufig gestellte Frage war, was denn überhaupt Gerda Hahns „Kunstwerk“ sei, schließlich mache sie die Fotos gar nicht selber sondern posiere lediglich mit vor der Kamera.
All dies war der Anlass für Bettina von Dziembowski, Leiterin des Kunstvereins Springhornhof, die Künstlerin nochmals auf den Springhornhof einzuladen. Im Gespräch mit Gerda Hahn erhalten die Besucher einen Einblick in das Denken und Handeln einer Künstlerin, der es eher darum geht, mittels der Kamera Beziehungen herzustellen, als Einzelwerke zu schaffen.